Gerade Umweltschutz-Maßnahmen sollten mit der Natur verträglich sein. Rohstoffe wiederzuverwerten, macht zwar generell Sinn. Doch in ökologischer Hinsicht scheint es Unterschiede zu geben. Zumindest werben manche Firmen damit, dass sie besonders ökologisch recyclen würden. Ist das Greenwashing? Und warum braucht es so viele Forschungsprojekte zum Recycling? Jana Kerac hat sich auf die Suche nach Antworten gemacht.
Wir alle sollen Statistikern zufolge durchschnittlich um die 30 Kilo Plastik pro Jahr verbrauchen. Auf Basis dieser Analyse wirft jeder einzelne von uns mehr als zwei Tonnen Plastik im Laufe seines Lebens weg. Die Notwendigkeit, gebrauchte Kunststoffe auf ökologisch gute Weise zu recyceln, wächst. Dabei tauchen allerdings tausend Fragen auf. Etwa die nach der Energieeffizienz. Oder nach der Qualität des sogenannten Rezyklats, also dem Produkt des jeweiligen Recyclingprozesses.
Die Thematik ist komplex, bestätigt Günter Dehoust vom Berliner Öko-Institut. Nach seiner Ansicht lässt sich „ökologisches“ und „konventionelles“ Recycling nicht prinzipiell unterscheiden. Wer das von vornherein tut, unterstelle, dass „ökologisches Recycling“ prinzipiell unkonventionell und konventionelles Recycling prinzipiell unökologisch sei. Allerdings stellt sich auch ihm zufolge durchaus die Frage nach der ökologischen Sinnhaftigkeit der Wiederverwertung. „Ökologisch sinnvoll ist Recycling dann, wenn aus Abfällen mit weniger Umweltbelastung nutzbare Produkte hergestellt werden, als mit Primärrohstoffen“, so seine Faustregel. Im Normalfall handele es sich um Verfahren, bei denen mit möglichst hohem Wirkungsgrad und möglichst geringem Energie- und Materialaufwand hochwertige Produkte hergestellt werden. Das gelinge auch auf herkömmliche Weise. Zum Beispiel beim Recycling von Glas, aber auch beim Recycling von Papier und Metallen. „Auch für Sand, Steine, Beton, Bauprodukte oder Kunststoffe gibt es seit Jahren gut eingeführte Recyclingverfahren, die ökologisch sehr sinnvoll sind“, so der Umweltschutzingenieur.
Geschlossener Kreislauf – „Closed loop“
Auf eine einfache Formel gebracht, könnten umso mehr Energie- und Umweltlasten beim Recycling gespart werden, je enger die sogenannten Recycling-Kreise sind. „Man unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen ‚closed-loop‘- und ‚open-loop‘-Recycling“, so Günter Dehoust. Bei der Bewertung, wie ökologisch das Recycling ist, müssten die unterschiedlichen Möglichkeiten, ein neues Produkte herzustellen, miteinander verglichen werden. Von Upcycling bis hin zur Herstellung eines Produkts aus vollkommen neuen Rohstoffen gibt es eine Fülle von Möglichkeiten. Das zeigt der Verpackungsmittelreferent des Öko-Instituts am Beispiel von Produkten aus Kunststoff- und Kunststoffverpackungsabfällen auf. Abfälle hieraus können demnach zum Beispiel sortiert, aufbereitet und zum Sekundärrohstoff Kunststoffgranulat verarbeitet werden. Aus dem Granulat entstehen dann neue Produkte oder Verpackungen. Und zwar in der Regel mit dem aktuellen Energieträgermix.
Es gibt jedoch noch eine zweite Methode. Wieder werden die Abfälle aus Kunststoff- und Kunststoffverpackungen sortiert. Diesmal entsteht daraus jedoch kein Granulat: In einer Pyrolyseanlage werden die Abfälle zu einem Öl aufbereitet. „Das ersetzt Rohstoffe aus Erdöl, die bei der Produktion von Kunststoffen eingesetzt werden“, erläutert Günter Dehoust. Damit sind die Möglichkeiten, mit Abfällen aus Kunststoff- und Kunststoffverpackungen umzugehen, jedoch keineswegs ausgeschöpft. Der Plastikmüll kann auch verbrannt werden. Hier spricht man gerne von „Thermischer Verwertung“. Aus dem Abfall entstehen Strom und Wärme. „Diese Energie verursacht jedoch deutlich höhere Emissionen als der aktuelle Mix an Energieträgern“, so der Experte für Ressourcenfragen. Weil der Plastikabfall nicht recycelt wird, muss neuer Kunststoff aus Erdöl produziert werden: „Was zu deutlich höheren Belastungen führt als das Granulat aus dem Recycling.“ Die drei Beispiele zeigen drei verschiedene Dimensionen des „Recycling-Loops“ auf. „Im ersten Fall findet das Recycling in einem relativ engen Loop statt“, sagt Günter Dehoust. Im zweiten Fall ist der „Loop“ größer. Und damit unökologischer. Denn es kommt zu höheren Materialverlusten. Auch wird mehr Energie benötigt. Die Verbrennung sieht der Abfallspezialist vom Öko-Institut lediglich als Recyclingalternative an.