Psychologische Gründe für Schwierigkeiten bei der Vergebung
Machen wir uns bewusst, dass die Menschheit, ein Volk, eine Gesellschaft, immer aus einzelnen Individuen besteht, dann wird sofort klar, dass Vergebung beim Einzelnen beginnen muss und dass dabei das alte Opfer-Täter-Spiel beendet werden darf. Schauen wir uns hier einige der Gründe an, warum Menschen Schwierigkeiten haben, zu vergeben.
- Der Wunsch nach Vergeltung: Manche Menschen wollen diejenigen, die ihnen wehgetan haben, Schmerz und Leid zufügen, um in der Opferrolle Rache am Täter zu nehmen.
- Die Angst vor erneutem Schmerz: Wenn wir bereits verletzt wurden, kann die Vorstellung, erneut verletzt zu werden, Angst auslösen und das Vergeben erschweren.
- Ein Mangel an Verständnis: Vielleicht haben wir Schwierigkeiten, die Perspektive des anderen zu verstehen und zu akzeptieren, was dazu führt, dass wir nicht bereit sind, zu vergeben.
- Die Vorstellung, dass Vergeben Schwäche zeigt: Vielleicht betrachten wir Vergebung als Zeichen von Schwäche oder Naivität, anstatt als einen Akt der Stärke und des Mutes.
- Ein Gefühl der Gerechtigkeit: Wenn wir das Gefühl haben, dass der Täter nicht angemessen bestraft wurde oder keine Reue zeigt, kann das Vergeben schwierig sein.
- Mangel an Selbstvergebung: Wer sich selbst nicht vergeben kann, kann auch anderen nicht vergeben.
An dieser Stelle lade ich dich ein für einen Moment innezuhalten und dir nachfolgende Fragen ehrlich zu beantworten.
• In welcher Angelegenheit stecke ich noch in der Opferrolle?
• Wem trage ich noch etwas nach?
• Wie schwer wiegt das?
• Wie lange geht das schon?
Eine Opferhaltung nähren wir unbewusst, indem wir
• uns ärgern und andere beschuldigen
• uns ablenken und unsere Gefühle verdrängen
• innerlich grollen und uns zurückziehen
Wie geht Vergebung?
Können wir vergeben indem wir etwas tun? Oder ist Vergebung etwas, das gewährt wird, sobald wir uns dafür bereitmachen und darum aufrichtig bitten? Dr. David R. Hawkins, ein amerikanischer Psychiater und Mystiker, hat aufgrund seiner Forschungsergebnisse eine Bewusstseinsskala erstellt, die sehr anschaulich zeigt, dass Gefühle von Ärger, Hass, Rache, Trotz und Feindschaft auf einer niedrig schwingenden Bewusstseinsebene des unbewussten Egos angesiedelt sind. Vergebung hingegen findet sich zusammen mit Dankbarkeit auf einer hochschwingenden Ebene der Liebe des bewussten SELBST. Der Unterschied zwischen den beiden Ebenen ist schwingungsmäßig so groß, dass es unmöglich ist, dass sie miteinander in Resonanz gehen. Daher kann ein Mensch, der seit Jahren einen alten Groll und Hass in sich trägt, nicht vergeben. Denn zur Vergebung gehört ein offenes Herz und die Anbindung an die innere göttliche Kraft. Aus ihr fließt uns der Strom der Gnade zu, sobald wir uns für Vergebung bereitmachen und um die Gnade der Vergebung bitten. Die Bewusstseinsskala von Dr. David R. Hawkins gibt es im Internet zum Downloaden. (Der Link ist am Ende dieser Seite zu finden.)
Wie Vergebung gelingen kann
Vergebung ist kein Akt der Schwäche, vielmehr ein Akt der Gnade. Ihr voraus geht eine Entscheidung für uns selbst und unser Wohlbefinden. Es geht darum, die eigene Schwingung zu erhöhen, sich mutig den inneren Gefühlen zu stellen und dabei den Stolz des Egos zu überwinden. Anschließend gilt es eine gewisse Gelassenheit gegenüber den äußeren Erscheinungen zu entwickeln und dabei zu leben und leben zu lassen. Als nächstes darf sich eine Lebensbejahung und eine Offenheit dem Leben gegenüber einstellen, eine Bereitwilligkeit, die Dinge so zu nehmen, wie sie sind und dabei mit einer großen Akzeptanz zuversichtlich vorauszuschauen und das Leben immer mehr als ein großes Geschenk zu erkennen, das es zu lieben und zu achten gilt.
Gelingt uns dies immer öfter und anhaltender, dann sind wir auf der Ebene der Liebe angekommen. Von hier aus ist es möglich Vergebung zu erwirken, weil wir hier Zugang zu der uns innewohnenden göttlichen Kraft haben. Auf dieser Ebene sind wir fähig, mit uns selbst und anderen gnädig zu sein. Die Entwicklung von einer niederen Ebene des unbewussten Egos zum erwachenden grenzenlosen bewussten SELBST braucht Zeit. Es kann Jahre dauern, bis wir das Leben überwiegend aus einer höheren Bewusstseins-
ebene heraus wahrnehmen und leben. In dieser neuen Zeit jedoch ist es wesentlich leichter, das eigene Bewusstsein anzuheben. Die Möglichkeiten und Chancen waren noch nie so groß wie im Moment.
Hier sind einige Tipps, die uns dabei helfen können, uns für Vergebung bereit zu machen:
- Verständnis entwickeln: Versuchen wir uns in die Person hineinzuversetzen, die uns verletzt hat. Was hat sie dazu bewogen, so zu handeln? Oft können wir Verständnis entwickeln, wenn wir die Hintergründe kennen.
- Vergebung als Geschenk betrachten: Vergebung ist kein Geschenk an die Person, die uns verletzt hat, sondern an uns selbst. Wir befreien uns von negativen Emotionen und gewinnen inneren Frieden.
- Sich Zeit geben: Vergebung kann Zeit brauchen. Es ist in Ordnung, wenn wir uns nicht sofort vergeben können. Wir können jedoch aktiv an uns arbeiten und uns fragen, was wir brauchen, um zu vergeben.
- Sich selbst vergeben: Oft sind wir unser eigener schlimmster Kritiker. Deshalb ist es wichtig, uns auch selbst zu vergeben, wenn wir Fehler gemacht haben. Wir können uns fragen, was wir aus der Erfahrung lernen können und wie wir in Zukunft anders handeln wollen.
Vergebung ist ein Prozess, der Zeit und Arbeit erfordert. Dabei geht es darum, uns von altem Ballast und negativen Gefühlen zu befreien, denn sonst binden wir uns an unsere Vergangenheit und bleiben in einem Teufelskreis gefangen, der uns daran hindert, unser volles Potenzial zu entfalten und ein erfülltes Leben zu führen.
Wie Vergebung den Weg zum Potenzial freimacht
Hier ein Beispiel aus der Praxis: Eine Klientin wollte sich schon lange im Bereich Gesundheit selbstständig machen. Sie hatte verschiedene Ausbildungen gemacht, dennoch hatte sie immer noch das Gefühl, dass es nicht reicht. Seit Jahren schob sie ihre Selbstständigkeit vor sich her und war mittlerweile sehr unzufrieden. Sie kam zur Ahnenaufstellung, weil sie das Gefühl hatte, dass hier einige Fallstricke liegen könnten, die damit im Zusammenhang stehen.
In Verbindung stehend mit der dritten Generation erfuhr sie ein starkes Gefühl, das sie erst nach längerem Hineinspüren benennen konnte. Diese Ahnen waren sehr selbstbewusst. Sie konnte das jedoch nicht annehmen und ging in einen Widerstand. Ich half ihr die Ursache herauszufinden. So kam ans Licht, dass sie einst aus einem aufgeblähten Ego-Selbstbewusstsein heraus jemanden schwer verletzt hatte. Damals hatte sie sich geschworen, nie mehr wieder derart selbstbewusst zu sein und dieser Schwur wirkte immer noch. Wir machten ein Klärungs- und Vergebungsritual, bei dem sich der einst geleistete Schwur auflöste. Zugleich bat sie um Vergebung für sich selbst und für ihre Taten in der Vergangenheit. Sie erfuhr Vergebung durch den Strom der Gnade und konnte fortan das Selbstbewusstsein ihrer Vorfahren akzeptieren. Sie spürt, dass das Selbstbewusstsein ihrer Ahnen echt war und es sie sogar auf- und auszurichten vermochte. Die Gabe von dieser Generation war ein starkes, echtes Selbstbewusstsein, jene Stärke, die diese Generation entwickelt hatte und die nun an sie weitergereicht wurde. Meine Klientin fühlte sich sichtlich bereichert und zutiefst dankbar. Anschließend ließ ich sie in einer Innenschau auf ihre beabsichtig-
te Selbstständigkeit schauen und sie bemerkte, dass ihr Gefühl dazu positiv, ja, sogar zuversichtlich war. Der Weg in ihre Selbstständigkeit war jetzt frei.
In meinem Buch „Schamanische Ahnenarbeit – So versöhnen wir uns mit unseren Vorfahren, erfahren ihren Beistand und empfangen ihre wegweisenden Gaben“ habe ich sehr ausführlich über das Thema Schuld und Vergebung geschrieben (siehe Buchtipp).
Vergebung erwirkt Befreiung und Heilung und ist eine Initiation ins Göttliche
Vergebung strömt uns aus der uns innewohnenden göttlichen Kraft zu. Der Strom der Gnade transformiert den alten emotionalen Ballast aus der Herkunft und der Vergangenheit. Erleichterung und Befreiung sind das Ergebnis. Wir fühlen uns wieder eins mit uns selbst und mit der Quelle allen Seins. Hieraus erwächst uns ein tiefes Vertrauen in die uns innewohnende göttliche Kraft. Fortan finden wir hier Geborgenheit, Trost und vor allem bedingungslose Liebe. Hier können wir alles anbringen, wofür wir uns unzulänglich fühlen, wo wir spüren, dass es zu viel, zu groß und zu übermächtig ist.
Sich dieser, uns innewohnenden göttlichen Kraft wieder anzuvertrauen und um Unterstützung zu bitten, führt uns mitten ins Herz und zugleich auf die nächste Ebene des Menschseins. So bewirkt Vergebung die Befreiung von Blockaden und zerstörender Energie und darüber hinaus ist diese Erfahrung auch eine Initiation ins Göttliche, in unsere wahre Natur.
Sich selbst zu vergeben ist am wichtigsten
Wir stehen jetzt an einer Entwicklungsschwelle, die vielen einen Quantensprung abverlangt, denn es geht um nichts Geringeres als um die Entdeckung des Wahren und des Wesentlichen, um die Entdeckung unseres innersten Kerns, dessen, wer wir wirklich sind.
Dabei müssen sowohl die familiäre als auch die genetische Konditionierung auf den Prüfstand. Die alten Dogmen, Einstellungen und Ansichten müssen einer Wahrheitsprüfung unterzogen werden. Konkret heißt das, dass es darum geht, vom Schuldkonzept abzulassen, denn es steht nicht nur zwischen den Menschen, es steht auch störend in der Beziehung zwischen Mensch und Schöpfer.
Die Vergebung sich selbst gegenüber ist hierbei der wichtigste Aspekt und das Fundament jeglicher Heilung. Wo keine Vergebung erfolgt ist, hegen wir Groll und verurteilen uns und andere, kritisieren wir uns und unsere Mitmenschen und ziehen uns in uns zurück, sind nachtragend, depressiv oder aggressiv. Vergebung befreit uns von versteckten Schuldgefühlen, bringt Frieden, heilt unseren Schmerz und alte Muster. Vergebung entlässt uns und die anderen in die Freiheit.
Deshalb hören wir auf in unserem verletzt sein stecken zu bleiben. Lassen wir den alten Schmerz hinter uns und geben wir uns dem Wandel hin. Hören wir auf uns selbst zu blockieren und unsere Möglichkeiten weiter zu beschneiden, indem wir am Alten festhalten. Seien wir bereit für Neues, neue Sichtweisen, für ein erweitertes Bewusstsein und für neue Wege. Machen wir uns bereit für Vergebung! Damit öffnen wir uns neuen Möglichkeiten, überwinden unsere Widerstände und alten Grenzen und schaffen Raum für unsere weitere Entfaltung und vor allem für mehr inneren Frieden und Erfüllung.