Es war so gegen Mittag und es war ein wenig ruhig am Messestand, als Frau Schneider mit einer eben gezogenen Karte mich fragend anblickte. Ich grinste fragend zurück. „Das ist jetzt sehr spannend“, sagte sie. „Ich habe eben das Einhorn gezogen – ich interessiere mich sehr für Einhörner. Aber sagen Sie bitte, wie kommen Sie auf all diese Worte auf der Karte? Sie berühren mich, aber ich bin irritiert. Was haben sie denn um alles in der Welt mit einem Einhorn zu tun?“ Ich grinste jetzt noch etwas breiter und genoss den Moment, denn normalerweise zieht man meine Karten nicht einfach so und auch nicht nur eine Karte, aber ich liebte diese kleinen gezielten Herausforderungen des spontanen Kontakts – auf der Zwischenwelt einer Messe. Ich denke auch, es gibt Konflikte, die überhaupt nur so überraschend, formlos und „im Dazwischen“ berührt werden können – eben so, wie wenn einem aus Versehen im Wald ein Einhorn begegnen würde.
Ich fragte Frau Schneider, ob sie sich vor dem Ziehen der Karte eine Frage gestellt hätte, weil es sich grundsätzlich um Konfliktkarten handle? „Nein, nein – ich fand nur die Rückseite so schön und war gespannt, was hinter dieser Tür im Baum wohl auf mich warten würde?“ Sie schüttelte den Kopf und wiederholte sich: „Wie kommen Sie nur auf diese Worte? Und wie kommen Sie überhaupt auf Einhörner – ich dachte Sie machen Körpertherapie?“
Was für eine köstliche Vorlage, um einen kleinen Vortrag zu halten und meine Geschichte zu erzählen. Aber ich hielt mich nach zwei kleinen Sätzen flink zurück, weil Frau Schneider durch das Ziehen der Karte schon längst mit sich beschäftigt war, und ich ihr diesen Moment nicht mit Theo-
rie zerreden wollte. Stattdessen zeigte ich auf die neun Kartenstapel vor ihr und erklärte ihr kurz: „Das sind neun Lebensfelder. Alle diese Lebensfelder sind ein Teil von Ihnen und haben aber auch Bezüge zu Körperstrukturen im Hier und Jetzt sowie zu alten Ahnenzeiten und Seelenas-
pekten. Ohne zu wissen, was jetzt wofür steht, wählen Sie sich doch bitte ein Feld aus diesen neun Feldern aus, auf das Sie ihre gezogene Einhorn-Karte spontan legen würden.“
Ich hatte währenddessen leere weiße Karten oben auf die jeweiligen Kartenstapel gelegt, damit sie nicht von den ausdrucksstarken Bildern zu sehr beeinflusst wurde. Die Karten hatte ich aufgeteilt in neun Felder, drei Ebenen und drei Achsen. Frau Schneider legte ihr Einhorn auf die linke Achse in die Mitte. Zack! – das ging schnell. Jetzt begannen wir zunächst über Einhörner zu reden.