Die Delegierten des 128. Deutsche Ärztetag vertreten alle Ärztinnen und Ärzte, auch jene rund 60.000, die neben der konventionellen Medizin auch komplementäre Verfahren anwenden. Der Ärztetag hat als Auftakt in einer Resolution ein deutliches Signal für Pluralismus und Toleranz im ärztlichen Handeln gesetzt. Die Delegierten haben sich mit der Erneuerung des Genfer Gelöbnisses verpflichtet, ihren Teil zu einer freien, pluralen und toleranten Gesellschaft beizutragen. „Nun wird hier ein Antrag eingereicht, der einen Teil des ärztlichen Tätigkeitsfeldes unserer Kolleginnen und Kollegen verbieten will“, sagt Michaela Geiger, Erste Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), „Dieser Antrag wird unserem Demokratieverständnis, dem Grundrecht auf Berufsfreiheit, wie auch dem Bekenntnis zu Pluralismus und Toleranz im ärztlichen Binnenverhältnis nicht gerecht! Die Frage ist, ob dieser Antrag von Juristen auf Verfassungsmäßigkeit geprüft werden sollte.“ Begründet wird der Antrag primär damit, dass die Anwendung von Homöopathie in Diagnostik und Therapie keine vertretbare ärztliche Therapieoption darstelle und sie nicht mit den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin vereinbar sei. „Diese Begründung verleugnet den aktuellen Stand der Homöopathie-Forschung und verkennt die Versorgungsrealität in unseren Praxen“, sagt die Vorsitzende.
Evidenzbasierte Medizin (EbM)
Da es bei der Diskussion über Homöopathie meist ausschließlich um den unbekannten Wirkmechanismus geht, wird hier an die Grundlage der Evidenzbasierten Medizin (EbM) erinnert: Hinreichende wissenschaftliche Evidenz kann nicht daraus abgeleitet werden, ob der Wirkmechanismus eines Medikamentes bekannt oder plausibel ist. Im Rahmen der EbM basiert sie vielmehr auf outcome-orientierten Daten im Sinne von Wirksamkeitsnachweisen mit relevanten Endpunkten. Die Frage nach einer „hinreichenden wissenschaftlichen Evidenz“, also nach der Wirksamkeit einer homöopathischen Behandlung, kann zweifellos nur wissenschaftlich, auf der Grundlage valider Studiendaten beantwortet werden. Neben der Bestätigung in der täglichen Praxis hat die Homöopathie ihre Wirksamkeit unter etablierten Studienbedingungen vielfach unter Beweis gestellt. Die Zusammenschau aller wissenschaftlichen Nachweise (Gesamtevidenz), die sich aus randomisierten Doppelblindstudien (RCT’s), ihren Zusammenfassungen (Metaanalysen) und Beobachtungsstudien in Human- und Veterinärmedizin ergibt, spricht deutlich für die Wirksamkeit, den Nutzen, die Nachhaltigkeit und für die Kosteneffizienz der Homöopathie. Michaela Geiger: „Aus diesen Gründen appellieren wir an die Delegierten des 128. Deutschen Ärztetags, dem Antrag gegen die ärztliche Homöopathie, der sich auch gegen Toleranz, Methodenpluralität und Therapiefreiheit richtet, nicht zu entsprechen!“
Apothekerverband: Homöopathie-Streichung könnte Kosten in klammen Kassen erhöhen
„Die Kosten für homöopathische Behandlungen als Kassenleistung seien im wahrsten Wortsinn homöopathisch“, sagt Thomas Preis vom Apothekerverband Nordrhein. Die Streichung ihrer Erstattung allerdings könne dazu führen, dass alternativmedizinische Therapien künftig mit anderen, erstattungsfähigen Arzneimitteln umgesetzt würden, die deutlich teurer seien. Dies könne sogar zu Kostensteigerungen bei den Krankenkassen führen. Die jüngst von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigte Streichung der der Homöopathie als Satzungsleistung der GKV dürfte also an den fehlenden Milliardenbeträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung kaum etwas ändern – eher im Gegenteil bei genauem, ungetrübtem Hinsehen.
Siehe hierzu auch die Serie „Homöopathie“ von Heilpraktikerin Monika Liegl in der raum&zeit, ab Heft 249.