Über die Wiederentstehung der Göttinnen-Verehrung
Derzeit findet in den USA ein Revival der uralten Form der Spiritualität statt: Die Wiederentdeckung des weiblichen Prinzips. Indigene Kulturen auf der ganzen Welt fordern dazu auf, die Erde und die femininen Prinzipien wieder zu respektieren. Für Frauen und jene, die weibliche Qualitäten besitzen, bedeutet dies, die alte Wunde der Zurückweisung zu heilen.
Die Perlen des blauen Rosenkranzes riefen geradezu nach mir. Ich weiß nicht, ob das Lapis-Lazuli dahinter steckte oder eine ungesehene Kraft, die das Bedürfnis auslöste, die glatten Steine in meinen Händen zu halten. Sie liefen mir durch die Finger wie das kühle, weiche Wasser eines Baches im Frühjahr.
Altötting – wo ich die Perlen mitnahm – ist ein Pilgerort, der nicht nur katholische Menschen anzieht, sondern auch mich: eine Verehrerin der Schwarzen Madonna, der Erdengöttin, deren Haut die Farbe des nährreichen Humus trägt. Ich war nach Altötting gereist um eine uralte Angst loszuwerden, eine Angst die viele Frauen mit sich herumtragen: Von anderen abgelehnt zu werden, schlichtweg weil man in das weibliche Geschlecht hineingeboren wurde und ewig dazu aufgefordert wird, seinen Wert zu beweisen. 5 000 Jahre Patriarchat haben diese kollektive Wunde tief im Bewusstsein verankert – nicht nur bei Frauen, sondern bei allen Menschen, denen ein hohes Maß an Sensibilität und Empathie geschenkt wurde.
Lady aus Woodstock
Die Verehrung für die „Große Muttergöttin“ stammt von meinem langjährigen Aufenthalt in Amerika. Woodstock, wo ich zuletzt lebte, ist nicht nur der Name des vielleicht berühmtesten Rockkonzerts aller Zeiten. Es ist auch die Heimat von „Our Lady of Climate Change“, die mich in ihren Bann gezogen hatte. Ich entdeckte sie vor fünf Jahren „zufällig“ auf Facebook. Sie ist eine kontemporäre Version der „Great Mother“, der Großen Mutter, die über die Jahrtausende hinweg in vielerlei Gestalt aufgetaucht ist: als Kali, die Zerstörerin, der nordischen Göttin Brigid, die sumerische Innana, oder auch Gaia und Panchamama, die Mutter Erde, Isis, und in ihrer derzeit berühmtesten Form als Jungfrau Maria…