Der keltische Jahreskreis

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Die Kelten, deren Leben an die Zyklen der Natur gebunden war, teilten die Zeit in unterschiedliche Perioden ein. Pflanzen, Tiere, Sonne und der nächtliche Sternenhimmel brachten genaue Zeichen des Zeitenwandels und korrespondierten mit den Phasen des

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Die Kelten, deren Leben an die Zyklen der Natur gebunden war, teilten die Zeit in unterschiedliche Perioden ein. Pflanzen, Tiere, Sonne und der nächtliche Sternenhimmel brachten genaue Zeichen des Zeitenwandels und korrespondierten mit den Phasen des Lebens. Ein Augenmerk auf das spirituelle Verständnis der Kelten zu werfen lohnt, denn sie können auch im weiteren Sinne in Zeiten des Wandels zu hilfreichen Einsichten und erweitertem Bewusstsein führen.

Ohne den Wandel der Sonne und des Mondes durch den Tierkreis, ohne die Jahreszeiten lässt sich die Pflanzenwelt nicht verstehen. Die Vegetation ist Ausdruck des in ständiger Wandlung begriffenen kosmischen und terres-
trischen Kräftespiels. Die sichtbaren Pflanzen sind „Zeitenleiber” transsinnlicher pflanzlicher Archetypen, sie wachsen und wandeln sich im Einklang mit dem Kreislauf des Jahres. Wenn wir die keltische Pflanzenkunde verstehen wollen, müssen wir den keltischen Jahreskreis verstehen und auch die Gottheiten, die sich den Kelten darin offenbarten.

Die keltische Geistesart

Um die keltische Pflanzenkunde und den Baumkalender richtig zu verstehen, müssen wir die Brille unseres eigenen Weltbildes vorübergehend ablegen. Als Erben des rigiden, kategorisierenden Denkens der klassischen Antike, der abstrakten Spitzfindigkeit der mittelalterlichen Scholastik und des wissenschaftlichen Materialismus der Aufklärung sind wir es gewohnt, in festen, einander ausschließenden Kategorien zu denken. Die keltische Geistesart ist anders, sie ist beweglicher, flüssiger, „ätherischer” und lässt sich nicht in festgeschriebenen Dogmen ausdrücken. Keltische Religion und Naturerkenntnis ist in das unmittelbare Naturgeschehen eingebettet und beruht auf mystischer Schau, auf Ekstasefähigkeit, nicht auf einer „heiligen Schrift”. Es gab ebenso wenig eine Kirche, die die „wahre Lehre” verwaltete, wie es eine übergreifende Staatsorganisation gab. Diese Ungeeintheit war auch der Grund, warum es den Kriegern der locker zusammengefassten Stammeskonföderation unter Vercingetorix nicht gelang, die disziplinierten römischen Legionen zu besiegen. Ähnlich der hinduistischen Spiritualität, die sich aus einer Vielzahl eigenständiger lokaler Kulte zusammensetzt und weder Papst noch Oberhirten kennt, blieb die keltische „Religion” dezentralisiert. Sie schöpfte ihren Inhalt aus den umliegenden Wäldern, Bergen, Wiesen und Feldern. Die Weltmitte, der Weltenberg, der Weltenbaum, befand sich nicht an einem einzigen, definitiven Ort, von dem nur die Priester zu erzählen vermochten, nicht in einer fernen Stadt, einem Jerusalem oder Mekka, sondern in unmittelbarer, erlebbarer Nähe der Siedlung, im heiligen Hain, bei der Dorfquelle, auf dem Grabhügel (Sid) oder einem nahe gelegenen Fels. Jede Gegend hatte ihren heiligen Berg, ihren „Nabel der Welt”. Bis zur Zeit der Hexenverfolgung gab es noch in ganz Europa diese Berge der Puy-de-Dôme in der Auvergne, der Brocken oder die vielen Blocksberge wo im Mai, zu Mittsommer oder beim Augustvollmond die letzten heidnischen Naturfeste gefeiert wurden.